Benachteiligung der gymnasialen Bildung wird fortgesetzt!

Die für Schule zuständige Senatorin Sandra Scheeres stellte auf einer Pressekonferenz
am  15. März 2017 die Begleitstudie zur Schulstrukturreform vor.

Seinerzeit formulierte Professor Zöllner (SPD und Schulsenator)  in seiner Pressemitteilung vom 28.08.2009 „Das Berliner Schulsystem steht vor einem besonderen Wendepunkt.“ ….und weiter:
„Mit dieser Reform wird Berlin zum Vorreiter bei Chancengleichheit durch individuelle Förderung, Ganztagsschule und verbesserter Vorbereitung auf das Berufsleben.“  Die SPD warb mit der Einführung der neuen Schulstruktur von einem „Lernerfolg unabhängig von sozialer Herkunft“ (aus SPD-Schrift: Argumente von Januar/Februar 2010).

Ist die Senatsbildungsverwaltung dem gesetzlichen Auftrag der Schule „Auftrag der Schule ist es, alle wertvollen Anlagen der Schülerinnen und Schüler zur vollen Entfaltung zu bringen und ihnen ein Höchstmaß an Urteilskraft, gründlichem Wissen und Können zu vermitteln. (SchulG §1 Satz 1)“ gerecht geworden?

Unabhängig davon, dass der geistige Mentor der Reform auch gleichzeitig evaluiert und die Studie durch die Senatsbildungsverwaltung in Auftrag gegeben wurde, muss das Ergebnis eine „Klatsche“ gewesen sein.

Schon die ersten Ausführungen von Dr. Neumann (Wissenschaftler des DIPF) machten deutlich, dass nicht die Verbesserung der Leistungen der Schülerinnen und Schüler im Vordergrund standen, sondern die Reduzierung der Stratifizierung (übersetzt von Dr. Neumann: Reduzierung der Unterschiede der Schulen) war das Ziel.

Die mit viel Aufwand unter gleichzeitiger Benachteiligung der Gymnasien umgesetzte Reform weist Ergebnisse aus, die den Ansprüchen und Zielsetzungen bei weitem nicht gerecht werden.

Bemerkenswert ist die Auflistung der erfolgreichen Ergebnisse.

Umwandlung der Haupt-, Real- und Gesamtschulen durch nominelle Umbenennung (80 %)
Fusion von Haupt- und Realschulen (17 %). Weder die Umbenennung noch die Fusion von Schulen scheinen geeignete Indikatoren zu sein, die ein Indiz für eine Qualitätssteigerung der schulischen Bildung hinreichend darstellen.                                                                                   

Der Rückgang der Klassenwiederholer von 32 % auf 15 % folgt nicht aus einer Steigerung der Leistungen der Schülerinnen und Schüler, sondern folgt aus der formalen Vorschrift, dass eine Wiederholung an der integrierten Sekundarschule in der Regel nicht  vorgesehen ist. Diese Reduzierung erscheint ebenfalls kein geeigneter Indikator zu sein, der ein Indiz für eine Qualitätssteigerung der schulischen Bildung darstellt.

Die Reduzierung der Schulen mit einem besonders hohen Anteil von Schülerinnen und Schülern mit schwachen Leistungen ergibt sich dem oben genannten Zusammenschluss von Schulen. Die Reduzierung der insbesondere kleinen Schulen mag eine Verbesserung der Organisation des Schulbetriebes sein, belegt aber keine Reduzierung des Anteils der Schülerinnen und Schüler mit schwachen Leistungen.

Dem Anstieg der Berechtigungen zum Übergang in die gymnasiale Oberstufe bei Schülerinnen und Schülern nicht gymnasialer Schulen stehen Leistungsrückgänge gegenüber.
Die festgestellten, sehr unterschiedlichen Bewertungsmaßstäbe von Integrierten Sekundar-schulen mit und ohne gymnasialer Oberstufe, bei denen bei gleichen Noten unterschiedliche Kompetenzen gegenüberstehen, stellt den formalen Anstieg der Berechtigung zum Übergang in die gymnasiale Oberstufe als Indiz für eine Verbesserung der Leistungen der Schülerinnen und Schüler infrage.
Inwieweit die Zusammenfassung von ehemaligen Haupt- und Realschulen mit ehemaligen Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe zu einer Schulform sachgerecht war, bleibt offen, weil es weiterhin integrierte Sekundarschulen gibt, die sich in der Regel aus ehemaligen Hauptschulen gebildet haben. Hier haben sich zum Nachteil der Schülerinnen und Schüler mit schwachen schulischen Leistungen die Rahmenbedingungen mit der Reform verschlechtert
(z. B. Klassenfrequenz).

Aber auch die weiteren Befunde sprechen nicht für die Schulstrukturreform.
Der von den SPD-Politikern vorher gepriesene  Lernerfolg – unabhängig von der sozialen Herkunft – ist nicht eingetreten.

Die Einlassung des Wissenschaftlers Dr. Neumann, dass zu Steigerung des Anforderungs-niveaus der integrierten Sekundarschulen ohne gymnasialer Oberstufe Lehrkräfte mit Abiturerfahrung also Studienräte wichtig wären, spricht für eine differenzierte Lehrerbildung. Die gezielt auf den Unterricht der gymnasialen Oberstufe orientierte fachwissenschaftliche Ausbildung der Studienräte erscheint eine notwendige Größe im Sinne der Qualitätsverbesserung der schulischen Bildung zu sein.

Die Schlussfolgerung der Senatorin aus der Studie den Kompromiss der CDU/SPD-Koalition zu korrigieren und die Lehrerbildung für alle allgemeinbildenden Oberschulen zu verein-heitlichen (frei nach dem Motto: alle Lehrkräfte sollen alles unterrichten können), erscheint aus der Darstellung der Studie nicht nachvollziehbar und gefährdet die Qualität der gymnasialen Bildung in Berlin.

Wie lange die anderen Bundesländer die Lehrkräftebildung des Landes Berlin angesichts der offenen Frage zur fachwissenschaftlichen Kompetenz  insbesondere für den gymnasialen Bereich noch akzeptieren werden, bleibt offen.

Außer Frage steht, dass die seit Jahren durch die SPD geprägte schulische Bildung seit Jahren den Berliner Schülerinnen und Schülern schlechte Ergebnisse bei den Vergleichstests zu anderen Bundesländern bescheinigt.

Wie lange die Berliner Eltern sich diese ideologisch geprägte und nicht an der Qualität der schulischen Bildung orientierte Bildungspolitik gefallen lassen, müssen die Wahlen zum Abgeordnetenhaus von Berlin beantworten.


Gymnasien nicht vernachlässigen

Das Ergebnis der Fachgruppe Schulraumqualität der Senatsbildungsver-waltung vom Februar 2017 enthält eine Reihe begrüßenswerter Aspekte von Schulraumqualität. Nach den Richtlinien der Regierungspolitik vom 06.01.2017 des Senats von Berlin, wird beim Neubau nur an Gemeinschaftsschulen gedacht:


„Dort wo Grundschulen und weiterführende Schulen benötigt werden, sind die Neubauten baulich für die Nutzung als Gemeinschaftsschulen vorzusehen. (…)“.



Die Gebäude vieler Gymnasien in Berlin sind „Bestandsschulen“, d. h. mit zum Teil ca. 100 Jahren alte Schulgebäuden, die bei weitem noch nicht einmal die alten Musterraumprogramme der Senatsbildungsverwaltung bisher erfüllen.
Viele Gebäude sind erheblich sanierungsbedürftig und notwendige bauliche Maßnahmen wurden jahrelang vernachlässigt.


Die in den Richtlinien der Regierungspolitik genannte Absicht „Die Anzahl der Gymnasien mit Ganztagsangeboten soll erhöht werden“ scheitert oft an dem fehlenden Schulraum und den bisher nicht erfolgten Sanierungen.



Die Chance, den Bestandsschulen eine Verbesserung der Schulraumqualität zu ermöglichen, wurde u. a. durch die Abgabe von benachbarten ehemaligen Schulgebäuden zum Nachteil der Lern- und Arbeitsbedingungen der Schülerinnen und Schüler als auch der Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte vertan.



Wir fordern für Gymnasien eine Schulraumqualität nach den Vorstellung der Arbeitsgruppe der Senatsbildungsverwaltung und damit Neubauten auch für Gymnasien.

Der Philologenverband begrüßt das Tarifergebnis

Der  dbb beamtenbund und tarifunion hat unter Beteiligung des Deutschen Philologenverbandes  ein gutes Ergebnis in den Tarifverhandlungen mit der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) für unsere angestellten Lehrkräfte  erreicht.

Ab 1. Januar 2017 Einkommenserhöhung um 2 %
Ab 1. Januar 2018 Einkommenserhöhung um 2,35 %

und Einführung der Stufe 6 für die Entgeltgruppen ab EG 9 in zwei Schritten.
Dies bedeutet für die EG 13 (Stufe 6) ab 1.1.2018  5378,92 € und ab 1.10.2018 5458,41 €


Die Vorsitzende Kathrin Wiencek: “Der Philologenverband begrüßt das Tarifergebnis.  Unsere  jahrelangen Bemühungen um die Einführung der Erfahrungsstufe 6 sind durch den Tarifabschluss 2017 erfolgreich abgeschlossen worden. Die Einführung der Erfahrungsstufe 6 bedeutet eine  wichtige strukturelle Verbesserung beim Gehalt unserer angestellten Lehrkräfte.“

Der Philologenverband erwartet, dass der Senat von Berlin und die Landesregierung in Brandenburg jetzt zeitnah die zeit- und inhaltsgleiche Übertragung des Tarifkompromisses für die Beamten beschließt.